Mit Katamaran von Martinique durch die Grenadinen zum Karneval nach Trinidad und Tobago – ein ausführlicher Törnbericht für Karibik- und Karnevals-Fans.
Wir sitzen wieder einmal im Flugzeug nach Martinique, fast neun Stunden hinter Paris. Langsam kommt Vorfreude auf. Die Landung. Ein wunderbarer warmer Tropenabend. Morgen wollen wir über St. Lucia, Bequia, Union Island und Carriacou zunächst nach Grenada und dann hinüber nach Trinidad, um dort ein paar Tage den Karneval zu erleben.
Montag, 28. Februar, Bay St. Anne, Martinique 14 Grad 26,0’ N, 60 Grad 55,0 W.
Am Vortag haben wir uns aus der Marina durch den Cul de Sac de Marin hier in die Bay verholt, keine fünf Seemeilen, aber ausreichend, um die Schiffe noch mal auf Herz und Nieren zu testen und außerdem ist das Badewasser hier besser.
Wir laufen früh aus, ein kurzer Schlag von 30 sm, aber wir wollen kurz nach Mittag drüben sein, in St. Lucia. Der Passat in der Passage ist eher flau, nur 2-3- Bft. „MANICOU“ ist mit 14.30m Länge, ihrer Breite von 7.60m und einer Segelfläche am Wind von 110qm eine sehr ausladende aber durchaus lebhafte Dame, die Logge zeigt bei der leichten Brise fast sechs Knoten.
Frühstück auf See. Auf der „Veranda“, dem riesigen Cockpit des Kats. Dank unserer beiden Rümpfe segeln wir sehr aufrecht, der Kaffee bleibt in den Tassen. Kurz nach Mittag stehen wir vor der Einfahrt zur Marigot Bay, dem viel gelobten Naturhafen auf St. Lucia. Bilderbuch-Karibik, Sandstrand, Palmen, bunte Hütten. Anke erweist sich als sehr talentiert, angemessene Mengen Rum in den Fruchtsäften unterzubringen, verfeinert mit Kokosmilch, Angostura und Zimt. Der „Anleger“ macht uns fit für den Landausflug, erst zur Immigration und dann zum Strand.
Dienstag, 29. Februar, Marigot Bay, St. Lucia 13 Grad 57,9’N, 61 Grad 02,0’W
Wieder ein Tag für Frühaufsteher. Wir wollen die 60 sm nach Bequia, vorbei an St. Vincent möglichst bis zum frühen Nachmittag schaffen. Anker auf bei Sonnenaufgang. Die Kulisse von St. Lucia zieht an uns vorbei, die „Pitons“, die Zuckerhütte heben sich als Silhouette vor der aufgehenden Sonne ab in der Passage nach St. Vincent frischt der Wind auf, bald liegt die Insel querab, wir versuchen die Windabdeckung zu vermeiden.
Bequia wird deutlicher am Horizont, Rauschefahrt, 10-11 Knoten. Plötzlich ein Schlag, die Kausch des Achterlieks hat sich vom Segel gelöst, bis zur ersten Latte flattert der Fetzen frei herum. Also in den Wind, das erste Reff eingehakt, die Reffleine durchgeholt und weiter geht es die letzten Meilen bis zur Admiralty Bay auf Bequia. Wieder ein Naturhafen, geschützt gegen den Passat, bis auf ein paar Drücker, die über die Berge kommen. Wir liegen in Dinghi-Distanz zum Frangipani Restaurant. Die Einklarierungs Prozedur wird eine Übung in Geduld, dafür aber gibt es frische Früchte und bestes Gemüse auf dem Markt an der Pier. Wir kaufen wahrscheinlich zuviel, aber das Angebot an Mangos, Papayas, Melonen, kleinen Bananen, Basilikum und frischem Salat ist einfach zu verführerisch. Wie sich herausstellt, haben wir dann doch alles in zwei Tagen vertilgt.
Mittwoch, 01. März, Admiralty Bay, Bequia 12 Grad 00,0N 61 Grad 15,3’W
Über die Tobago Cays sind des nur 27 sm nach Clifton Harbour auf Union Island. Der Segelmacher dort ist über Funk verständigt, er meint, wenn wir bis zum Nachmittag da sind, kann er unsere Kausch bis zum nächsten Tag richten, er wird eine Verstärkung aufnähen müssen. Wieder herrlicher Passat. Bei hoch stehender Sonne fädeln wir uns in die Riffpassagen der Cays ein, traumhafte Farben, das Wasser aquamarinblau bis zum Saumriff dahinter grüner Atlantik, bis Afrika.
Der Badestopp hat sich gelohnt, die Unterwasserfanatiker berichten von vielen großen bunten Fischen. In Clifton Harbour wartet der Segelmacher schon auf uns, das Riesenteil von Großsegel wird abmontiert, verschnürt und verschwindet an Land, morgen Mittag will er das Segel wieder abliefern. Schaun wir mal.
Abendessen in einer alten Lagerhalle, bei „Hermann the German“, riesige Sonnenbrille, doppelt breit, ein Lächeln wie Roberto Blanco, die Figur aber drahtiger. Viel frische Luft zur „Happy Hour“, ein gutes Buffet, frisch, scharf gewürzt, reichlich, alles zum Einheitspreis einschließlich Gästeanimation mit Verrenkungskünstler und Limboshow. Union Island ist das Zentrum der kleinen Grenadinen und damit auch schon etwas touristisch verdorben, aber solange man dort Wasser, Diesel und Verpflegung bunkern kann und außerdem noch Segel repariert bekommt, lässt man sich den Rest gefallen, zur Not auch die halbtoten Haifische im Becken vor einem Bungalow-Hotel am Hafen, dessen Mitte ein unangenehmes Riff ziert.
Donnerstag, 2. März, Clifton Harbour, Union Island 12 Grad 34,9’N 61 Grad 24,9’W
Die Reparatur des Segels hat doch länger gedauert. Am Nachmittag laufen wir aus. Das Großsegel ist bestens repariert, aber weit werden wir heute nicht mehr kommen. In Sichtweite liegt Carriacou am Horizont. Es gibt da einen kleinen Sandfleck mit Riff vor der Tyrell Bay, ein Postkarten-Idyll, genannt, wie sonst, Sandy Island. Der Anker fällt auf drei Meter Wassertiefe, wir liegen ruhig im Schutz des Riffs und hören die Brandung rauschen, keine fünfzig Meter von der nächsten Palme an Land.
Freitag, 3. März, Sandy Island, Carriacou 12 Grad 27,4’N 61 Grad 30,1’W
Eigentlich wollten wir heute schon in Trinidad einlaufen, der Boxenstopp in Union Island hat uns einen Tag gekostet, morgen beginnt der Karneval, aber einen Tag später ist er bestimmt noch genauso aufregend. Tagsüber also heute erst einmal nach Grenada, ca. 30 sm und dann in der kommenden Nacht weiter, etwa 90 sm über die Galeons Passage durch die Bocas del Dragon in den Paria-Golf nach Port of Spain.
Carriacou bleibt im Kielwasser, vorbei am Diamond Rock, über den Unterwasservulkan bei den Sisters, Wassertiefe 12 Meter, Kurs St. Georges Harbour, Grenada. Wieder herrliches Segeln bei 4 Beaufort, „MANICOU“ macht knapp zehn Knoten Fahrt. Die sattgrünen Berge und Schluchten der Gewürzinsel querab lassen die Gedanken schon einmal um einen Landausflug in den Regenwald kreisen, aber vorher erst einmal zum Calypso, zum Reggae und zum Karneval hinüber nach Süd-Amerika.
Kurz nach Mittag fällt der Anker in der Lagune von Georges Town, neben einer wackligen Pier. Alles ist etwas unaufgeräumt aber malerisch. Kurz vor Sonnenuntergang wollen wir wieder auslaufen, bis dahin ist Zeit zum Landgang. Wir essen noch ein kräftiges Süppchen, die Hälfte wird für den Mitternachts-Snack zurückgestellt, dann die Sicherheitseinweisung für die Nachtfahrt, wir haben vom Vercharterer eine Ausnahmegenehmigung und auf geht der Anker.
Bald liegt Point Salines, die Südwestecke Grenadas, hinter uns, das erste Reff ist eingehakt, ab Sonnenuntergang trägt jeder Sicherheitsgurt und Automatikweste, die Wacheinteilung hängt über dem Navigationstisch, wir haben E-SE-Wind, 4 Bft. Der Äquatorialstrom drückt von BB mit zwei bis drei Knoten in die Passage zwischen Grenada und Trinidad, wir halten erst einmal 15 Grad vor und korrigieren den Kurs über Grund nach GPS. 88 sm bis Chaguaramas Bay, dem so genannten Yachthafen von Port of Spain im Golf von Paria. Trinidad, wir kommen!
Samstag, 4. März, Galeons Passage 11 Grad 25,5’N 061 Grad 43,1’W
Alle Stunde Funkkontakt mit den anderen Yachten unserer Flottille, kaum Verkehr, gegen Mitternacht eine entgegenkommende Yacht, der Wind hat leicht aufgefrischt, 4-5 Bft. Gegen 04:00 Uhr morgens setzen wir den Kurs auf die befeuerte Haupteinfahrt zwischen den drei vorgelagerten Inseln ab. Das Feuer von Chacaracas ist aus einem Abstand von 20 sm eindeutig zu identifizieren, der Rest ist Routine.
In der nautischen Dämmerung wird unser Ziel erkennbar. Dies ist kein Yachthafen im herkömmlichen Sinne, das Ufer besetzt mit Schiffsreparatur-Betrieben, an Steuerbord eine Ölplattform, vor Anker Versorger und Schuten, dazwischen die Ankerplätze der Yachten. Wir gehen erst einmal an einen Werftkai, um einzuklarieren. Es ist 07:15 Uhr, wir sind angekommen, das Karnevalsprogramm kann beginnen Wir suchen uns einen Ankerplatz in vertretbarer Dinghi-Distanz zur Bootspier.
Der Minibus nach Port of Spain braucht eine halbe Stunde auf der Küstenstraße, dann sind wir mitten drin im Ausklang des Kinderkarnevals. Erschöpfte Mütter, wunderhübsche Kinder, liebevoll herausgeputzt, Steelbands auf dem Weg nachhause, die engen Straßen gestopft voll mit Menschen, riesige Lautsprecher an jeder Straßenecke, Reggae, Calypso. Kein Gefühl von Fremdheit, alle unter Strom aber niemand richtig betrunken. Die Sonne geht unter, ein tropischer Regenschauer scheucht uns unter das Dach einer Apotheke. Die Apothekerin weiß, wo es etwas zu essen gibt, Spicy Rice, Seafood und natürlich Carib-Bier, das hier in Port of Spain seinen Ursprung hat. Die Nachtfahrt tut ihrer Wirkung, der Minibus bringt uns zurück nach Chaguaramas, ein Absacker auf der Terrasse des Yachtclubs, die Dinghi-Tour in zwei Partien zum Schiff. Lampen und Lunten aus, es war ein langer Tag.
Sonntag, 5. März Chaguaramas Bay, Trinidad 10 Grad 48,8’N 061 Grad 38,3’W
Wir schaun uns das Karnevalsprogramm an: Gestern war also die „Junior Carnivals Parade“ der Umzug durch die Stadt und die Präsentation im Queen’s Park Savannnah, dem Stadion- Gelände im Zentrum von Port of Spain, abends, dass haben wir dann wohl versäumt, der Calypsowettbewerb zwischen North- und Grandstand.
Heute, irgendwann am Morgen, beginnt der Steelbandwettstreit, abends dann die Dimanche Gras Show, der Wettstreit der schönsten Kostüme, die Wahl der „Queens“. Statt Steelband entscheiden wir uns für einen Landausflug in den Norden Trinidads, in die Berge und den Regenwald, zu den Buchten der Nordküste, zu einer botanischen Forschungseinrichtung in einem alten Kolonialhaus mitten in den Bergen, Tee auf der Terrasse, Kolibris an den Hibiskusbüschen. Eine verwunschene Straße durch Farn- und Bambuswälder, frische Kokosmilch am Aussichtsstopp, mit gebratenem Haifisch belegte Brötchen an einer Badebucht, T-Bone-Steak im Landhaus über der Küste. Wir können uns nicht beklagen. Zurück über den Kamm der Berge ins Schwemmland, Zuckerrohr, soweit das Auge reicht. Die Brauereibesichtigung schenken wir uns, die Sonne steht schon ziemlich tief, schade. Die halbe Karibik trinkt Carib-Bier. Hier wird es gebraut, in einem Vorort von Port of Spain.
Wir kommen gerade richtig zum Beginn der Dimanche Gras Show, mischen uns unter die Einheimischen auf dem primitiv zusammen gezimmerten North-Stand. Gegenüber auf dem Grand-Stand sitzt das vornehme Publikum, bei uns dagegen ist des Volkes wahrer Himmel, hier ist was los, jedes Kostüm, jedes Lied wird kommentiert, nicht immer ganz stubenrein, aber mit großer Begeisterung. Weit nach Mitternacht erreichen wir wieder unser Schiff.
Montag, 6. März, Chaguaramas Bay, Trinidad
Heute ist J’Ouvert, der Straßenkarneval, der Höhepunkt. Die Crew stürzt sich ins Gewühl, gegen 16:00 Uhr spätestens wollen wir auslaufen, zur Scotland Bay kurz vor der Boca de Monos, der geeignete Platz, um morgen sehr früh hinüber nach Tobago zu laufen, um dort den „Dorfkarneval“ zu erleben. Für den Skipper heißt das, Wasser und Diesel bunkern, Eis besorgen und die Verpflegungsbeladung zu ergänzen und dann lange Siesta. Erschöpft vom Lärm und der Hitze, aber begeistert von den Eindrücken kehrt die Crew zurück. In der Scotland Bay erholen wir uns, wieder karibische Kulisse, grünes Badewasser keine sechs Meilen entfernt von unserem Ankerplatz zwischen den großen Schiffen.
Dienstag, 7. März, Scotland Bay, Trinidad 10 Grad 42,2’N 061 Grad 39,8’W
Um 04:00 Uhr Anker auf. In der Dunkelheit tasten wir uns aus der Bucht und durch die Boca de Monos, unter Motor entlang der Nordküste von Trinidad gegen 2-3 Knoten Strom, wir bleiben erst einmal unter der Küste, viel mehr als 5 Knoten über Grund schaffen wir zunächst nicht gegen den Äquatorialstrom. Die Galeons-Passage, hier im Süden der Perlenschnur der Inseln, ist der Hauptzufluß aus dem Südatlantik, schon Columbus hatte hier seine Schwierigkeiten mit seinen langsamen und schwerfälligen Schiffen. 65 sm sind es, davon 40 sm gegen den Strom bis Tobago querab liegt. Um 16:00 Uhr fällt der Anker im Hafen von Scarborough/Tobago, von Land wehen Reggae-Fetzen herüber, durchs Glas erkennen wir das Menschengewimmel, den Karnevalsumzug.
Dies ist der Volkskarneval, die ganze Bevölkerung ist auf den Beinen, ohrenbetäubender Lärm, vor allem Steelbands. An einer Straßenecke: die Preisrichter hinter einem Schreibtisch auf dem Bürgersteig, jede Steelband muss vorspielen. Was wird bewertet? Lautstärke, Harmonie, Körpersprache, Kostüme? Die Herren scheinen ihre Sache sehr ernst zu nehmen, inmitten des fröhlichen Chaos wirken sie sehr konzentriert. Im „Dockworkers Recreation Club“, das wunderschöne alte Kolonialhaus schreit nach Restaurierung, nehmen wir erst einmal ein Carib zu uns. Hier ist der lokale Treffpunkt im Gewühl.
Fast Angst einflößend die Begeisterung, wenn nicht alle so fröhlich „winen“ würden im Rhythmus des Calypso. Mit Schlamm- und Farbwasser besprüht, swingen hunderte von Kindern, Frauen und Männern als kompakte Masse die Hauptstraße entlang, ab und zu gibt es einen Guss aus einem Farbkanister für die Zuschauer. Am besten man stellt sich hinter eine der heraus geputzten, jungen Frauen, die scheinen sie mit ihren Güssen zu verschonen. Außerdem: Die jungen Frauen riechen wirklich nach Zimt und Nelken, wir sind auf einer Gewürzinsel. Wieder kein Gefühl der Fremdheit, die wenigen madenfarbigen, wie wir, fallen im Gedränge kaum auf, – und wenn, gibt es wenigstens ein Lächeln. Zum späten Abendessen an Bord gibt es Kingfisch, Röstkartoffeln und Salat. Zum Nachtisch Wassermelone. Querab an der Bootspier spülen sich jetzt die Schlamm-Menschen erst einmal die Farbe vom Körper und waschen ihr spärliches Gewand.
Mittwoch, 8. März, Scarborough, Tobago
Aschermittwoch. Vor 10:00 Uhr kein Zoll, keine Immigration, gestern sowieso nicht. Die kleine Stadt erwacht langsam. Die Straßen wurden offenbar heute Nacht noch gereinigt, die Menschen kaum wieder zu erkennen, sauber, fast tropisch-elegant gekleidet. War gestern Karneval? Das müssen wir geträumt haben. Der Zoll höflich, die Immigration will nur das Manifest, dass wir in Trinidad waren und über See eingereist sind. Gegen Mittag sind wir unter Segeln und fahren um die Südspitze von Tobago zum Pidgeon Point. Das Buccoo.Riff dort unter Eingeweihten ein Geheimtipp, der Strand dahinter Postkarte, wir schwimmen und schnorcheln, später verlegen wir uns für die Nacht hinter das Riff.
Donnerstag 9. März Buccoo-Reef, Tobago 11 Grad 10,9’N 061 Grad 48,6’W
Heute ist Badetag, hinter der Riffkante. Grünblaues Wasser am Ufer eine kleine Ansiedlung. Unsere Landgangscrew fährt mit dem Taxi hinüber nach Scarborough, ausklarieren und auf dem Rückweg Tomaten und Steaks mitbringen. Um Mitternacht wollen wir auslaufen – nach Grenada sind es 80 sm. Also früh zu Abend essen – und dann auf zum Törn zurück zur Basis nach Martinique.
Autor Klaas Frerichs schrieb diesen Törnbericht im Jahr 2004.
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